Je länger der Trauerzug für Stalin durch die Straßen Warschausmarschiert, desto heiterer wird die Stimmung jener, die daran teilnehmenmüssen - die Hoffnung auf Befreiung nach dem Tod des Diktators bricht sichBahn. Mit oft hintergründiger Ironie führt Michal Glowinskis Zyklus vonErzählungen eindringlich die Atmosphäre im Nachkriegspolen vor Augen -jene Jahre der staatlichen Repression, in denen auch der Antisemitismus imneuen kommunistischen Gewand wiederersteht. Glowinskis Reise durch die Erinnerung führt auch in die Zeit der Shoahzurück, die der bekannte polnische Literaturwissenschaftler als Kind undJuglicher im Warschauer Ghetto und dann in verschiedenen Versteckenüberlebte. Im Mittelpunkt aber steht die Welt der Volksrepublik Polen nach1945. Knappe, erhelle Momentaufnahmen machen die menschlichenTiefimensionen einer von vielen Traumata gezeichneten Gesellschafteinsichtig, die Glowinski als Schüler und Student erlebte und nun erzählin Erinnerung ruft - eine Zeit des kollektiv verordneten Verdrängens wirdvergegenwärtigt, in der schon das Wahrhaben von zerstörerischenAuswirkungen der "großen Geschichte" auf die Lebensgeschichten einzelnerein Zeugnis des Widerstehens war.